Auch wenn die Corona-Pandemie allmählich in eine gefühlte neue Normalität übergeht, ist deren Ende nicht lange in Sicht. Neben dem operativen Krisenmanagement kommt es darauf an, frühzeitig die Weichen für die nächste Phase richtig zu stellen.
Noch besteht keine einheitliche Auffassung darüber, ob die Corona-Pandemie ein schwarzer Schwan ist oder nicht. Mehr und mehr deutlich wird inzwischen allerdings, dass präzise Warnungen von zahlreichen Experten bei den politisch Verantwortlichen jahrelang ungehört blieben. Bill Gates – dessen Stiftung viel in Gesundheit investiert – hat bereits 2015 in einer bemerkenswerten Rede auf die weltweite Gefahr durch einen Virusausbruch hingewiesen.
Und auch bei uns wurde die Gefahr schlicht ignoriert, wie ein Bericht der Bundesregierung zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012 (!) verdeutlicht. Statt entsprechende Maßnahmen zu initiieren ist die Analyse vermutlich in einer sicheren Aktenablage verschwunden. Die viel zitierte „Macht der Experten“ ist in Wahrheit also eine sehr begrenzte.
Vorbereitungen auf die nächste Phase der Corona-Pandemie
Trotz – oder wegen – der aktuellen Lockerungen ist ein Ende der Corona-Pandemie noch lange nicht in Sicht. Die genannte Studie der Bundesregierung ging übrigens von einer Dauer einer solchen Pandemie von bis zu drei Jahren aus. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Szenario nicht eintritt.
Inzwischen gehen die Überlegungen weiter, wie in der angesichts Corona „neuen Normalität“ zu agieren und zu reagieren sei. Dies ist zugleich der Schwerpunkt unseres Wochenrückblicks auf die internationale Berichterstattung aus der Finanzbranche.
Corona erfordert ein Strategie-Reset
Während die Auswirkungen von COVID-19 weiterhin weltweit zu spüren sind, müssen Banken und Sparkassen ihre Organisationsstruktur, die Art und Weise, wie sie Dienstleistungen erbringen, die von ihnen angebotenen Produkte, ihre Beziehung zu Verbrauchern und ihre Rolle in der Gemeinschaft überdenken. Dies erfordert ein Drücken der „Reset-Taste“ im Gegensatz zur einfachen Wiederaufnahme des normalen Geschäftsbetriebs.
Von Shanghai lernen?
Wer sich die Frage stellt, wie die „neue Normalität“ aussehen könnte, sollte einen Blick nach Shanghai werfen. Banken, Büros, Geschäfte und Cafés sind geöffnet. Einkaufszentren haben Käufer. QR-Codes, Tracking-Software und kontaktloses Bezahlen begleiten diese Realität, von der Banken auch bei uns lernen können.
Die Sicherheit in Bankfilialen
Während nicht nur bei uns die Vorfreude auf ein Ende des Lockdown groß ist, müssen Banken und Sparkassen darüber nachdenken, wie Zweigstellen erneuert werden können, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass die Bankgeschäfte dort sicher sind.
Trading während und nach Corona
Die den letzten Monaten mit dem Coronavirus verbundene Marktvolatilität hat das Handelsvolumen extrem steigen lassen, wovon auch einige FinTechs profitiert haben. So habe z.B. Robinhood im März 60 Millionen US-Dollar verdient, dreimal so viel wie im März 2019. Doch es erscheint fraglich, dass diese Entwicklung nachhaltig ist.
Wird die Bankenwelt durch Corona vorwiegend digital?
Auch wenn noch keine eindeutigen Zahlen vorliegen, scheint die Coronavirus-Pandemie das digitale Bankwesen zu fördern. Ob dies so bleibt ist unklar. Erfahrungen und Perspektiven von drei sehr unterschiedlichen Finanzinstituten zeigen eine Realität, die auf mehr als nur Technologie basiert.
Es ist wahrscheinlich, dass die absehbare Zukunft Menschen und Unternehmen überall vor große Herausforderungen stellen wird. Die Finanzdienstleistungsbranche kann dabei wertvolle Unterstützung bieten. Sie muss die Chancen allerdings auch nutzen.
Weitere interessante Themen der Finanzwoche
Allmählich gibt es auch jenseits der Corona-Thematik wieder mehr interessante Beiträge. Hier eine Auswahl:
Was Banken von BigTechs lernen können
Immer mehr Bankinteraktionen erfolgen digital. Die Erwartungen der Kunden sind hoch und basieren auf Erfahrungen, die weit über Finanzdienstleistungen hinausgehen. Studien zeigen, dass die Mehrheit der Kunden einen Bankwechsel in Betracht ziehen würde, um einen nahtlosen Online-Zugang und digitale Beratung zu erhalten. Um Kunden zu gewinnen und zu halten, müssen traditionelle Banken einige mutige Änderungen vornehmen.
4 Möglichkeiten, durch Daten mehr Erträge zu generieren
Investitionen in ein besseres Verständnis der vorhandenen Daten ist eine lohnende Investition. Finanzinstitute, die weder über genügend Daten verfügen noch diese analysieren können, geraten in einen Wettbewerbsnachteil. Vier Strategien können dazu beitragen, das Datenmanagement zu verbessern und die Rolle des Marketings zu stärken.
Leadership statt Technologie
Die Entwicklung eines Finanzinstituts stellt die Herausforderung dar, Legacy-Systeme zu aktualisieren und neue Technologien zu implementieren, während Daten und Anwendungen, neue Arbeitsweisen, die Verwaltung von Workflows sowie neue Verantwortlichkeiten und Projekte integriert werden. Dazu wird mehr als nur Technologie benötigt.
Wie Banken Abo-Modelle für sich nutzen können
Das Geschäftsmodell des Abonnements hat nicht nur für Netflix & Co. sondern auch für Banken Zukunft. Die Bereitstellung eines Abonnementmanagements ist eine der besten Möglichkeiten für etablierte Banken, um das Risiko einer Disintermediation und Entflechtung von Diensten durch Kunden zu verringern.
Berichte aus Banken und FinTechs
Auch in der vergangenen Woche gab es einige Berichte über Aktivitäten in der Finanzbranche sowie einzelner Institute, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.
Google mit Debitkarte in den USA
Berichten zufolge plant Google die Einführung einer eigenen Debitkarte als Basis für Google Pay. Nutzer sollen Einkäufe überwachen, Guthaben überprüfen und Konten von ihrer mobilen Anwendung aus sperren können.
Japanische Bank mit Gesichts-ID beim Online Banking
Die in Japan ansässige Mizuho Bank startet eine Proof-of-Concept-Studie für ein neues biometrisches digitales ID-System, mit dem die Kundenauthentifizierung auf ihren Online-Systemen verbessert werden soll.
Service-Avatar soll Emotionen verstehen
Wendy heißt die neueste KI-Mitarbeiterin von Westpac. Sie ist mit vier verschiedenen Technologien Künstlicher Intelligenz ausgestattet und soll in der Lage sein, Emotionen der Kunden zu erkennen und darauf zu reagieren, wenn sie über die Webcam auf dem Bildschirm chatten.
Dänische Banken investieren in API-Banking
DNB und Danske Bank haben weitere 4,6 Mio. EUR in Spiir, die dänische Finanz-App, investiert, um den vollständigen Start ihrer Tochtergesellschaft Nordic API Gateway in Europa vorzubereiten. Damit soll Konto-Aggregation für bislang mehr als 200.000 Nutzer weiter vereinfacht werden und mehr Möglichkeiten bieten.
Lettische Neobank bietet Messenger-Banking
Zelf, ein FinTech-Unternehmen mit Hauptsitz in Lettland, bietet Kunden ein Bankkonto und eine virtuelle Karte, die ausschließlich über Instant Messenger bedient werden können. Es gibt keine Karten und keine Apps. Demnächst will das Unternehmen nach Frankreich und Spanien expandieren.
Weitere Konsolidierung im Zahlungsverkehr
Worldline, der europäische Zahlungs- und Transaktionsriese, hat eine Mehrheitsbeteiligung an GoPay erworben, dem in der Tschechischen Republik ansässigen Zahlungsportal für E-Commerce-Geschäfte.
Quelle: Der Bank Blog